Als aufrecht gehender Zeitgenosse erwische ich mich hin und wieder dabei, wie ich eine aktuelle Tageszeitung mit einem frisch polierten Monokel und scharfsinnigen Blick studiere. Noch bevor mich aus dieser, heutzutage verpönten, Phase der Informationsbeschaffung entreißen kann, um das bedruckte Papier angewidert in einen brennenden Mülleimer zu werfen und mich laut grunzend in den Niederungen des Privatfernsehens zu suhlen, gelingt es mir manchmal das Gelesene zu verarbeiten. Gerade letztens las ich von dem ungeheuerlichen Akt einer Vergewaltigung in den hiesigen von Inzest durchzogenen Gefilden und ich als neurotisch angehauchter Romantiker fragte mich natürlich, warum es ein zivilisierter Mensch vorzieht, den Ausdruck emotionaler Zuneigung auf diese brutale Art durchzuführen.
Ich dachte mir, wenn sie es doch anregend finden mit einer fremden Frau zu schlafen, dann könnten sie doch Gut und Gerne mit gesenktem Kopf sowie ausgebeulter Hose in ein Bordell gehen, um dort mit Hilfe eines monetären Gegenwertes der Frau bei der Ausübung ihrer Arbeit zu unterstützen. Um ein realistisches Szenario sicherzustellen, könnte er die Dienstleisterin der Liebe auch darum bitten, sich ihm möglichst abgeneigt während der Kopulation zu zeigen und das sie ihm dosiert zu verstehen gibt, dass sie in ihm nichts weiter als ein abscheuliches Schwein sieht, dem sie bei einer Erkältung nicht einmal Gesundheit wünschen würde, geschweige denn freimütig ein Taschentuch überreichen würde. Ich war mir sehr sicher, dass viele Damen diese Rolle sehr glaubwürdig ausfüllen würden. Warum also leben diese Männer nicht so auf diese Art ihren Trieb aus? Doch dann erinnerte ich mich daran, dass das Gesicht vieler Prostituierte eher der Beschreibung einer verlebten Zimmertapete gerecht wird, welche von einem Epileptiker mit bunten Farben bemalt wurde. Das mag abfällig klingen, doch bisher sah ich noch keine Dame, ob jung oder alt, welche ein ansehnliches Äußeres zu bieten hatte. Das wird wohl Grund genug für die meisten dieser düsteren Zeitgenossen sein, sich von diesen Etablissements fernzuhalten.
Daher dachte ich mir, könnten sie sich doch wie gewohnt in den dunklen Sphären eines Parkbusches verstecken und wie gewohnt ihren Opfern auflauern. Doch anstatt sie ungefragt zum Geschlechtsverkehr zu überreden, könnten sie die Frauen mit Hilfe eines kurz gehaltenen Fragebogens deren persönliche sexuelle Vorliebe erfragen. Die Nacht darauf würden beide sich am gleichen Ort erneut treffen und könnten für beide Seiten zufriedenstellenden Sex ermöglichen. Die Frau hätte genug Zeit sich mental und modisch darauf vorzubereiten, während der designierte Kopulationspartner seinen Trieb auf gleichgestellter Ebene ausleben könnte. Bei dem Szenario kamen mir Zweifel, dass sich die meisten Frauen nicht auf diese Abmachung einlassen würden. Jene Männer mit dieser Vorliebe wollen es höchstwahrscheinlich auskosten, absolute Macht über ihre Opfer zu haben.
Mir als bescheiden erzogener Mitbürger dieser Gesellschaft, würde es vollens ausreichen, diese Macht nach Ladenschluss auf dem Parkplatz eines Supermarktes auszuleben, indem ich eine Milchtüte aus dem Besitz eines Kunden entreißen und sie mit einer zur Verägerung verzogenen Grimasse und lautem Wutschrei zu Boden zu werfen würde. Anschließend würde ich mich in dem verwirrten Gesichtsausdruck meines Opfers suhlen, mit der Gewissheit im hämischen Grinsen, dass dieser Mensch wegen mir heute keine Milch trinken kann. Vielleicht hätte sich mein Opfer gar in einer labil gewordenen Beziehung befunden und die fehlende Milch hätte zur endgültigen Trennung geführt, was den Endorphinstrom nur noch verstärkt hätte.
Da kam mir die glorreiche Idee, dies in Einkaufsläden umzusetzen. Anstatt unbedarfte Frauen mit einem ungewaschenen Geschlechtsteil zu nötigen, könnte es fortan in den Einkaufstempeln speziell eingerichtete Passagen geben, in denen man Milchtütentüten erwerben kann. Diese Passagen müssen natürlich das Biotop eines Vergewaltigers gerecht werden. Daher müssen sie nicht nur abgedunkelt sein, sondern zudem auch vielfältige Möglichkeiten zum Verstecken bieten. Besonders vor Ablauf der Öffnungszeiten wäre der Nervenkitzel für alle Beteiligten auf dem Siedepunkt, besonders für jene, welche von ihrem drakonischen Lebensabschnittsgefährten dazu beauftragt wurden, die auf dem Spiel stehende Beziehung mit einer Tüte frischer fettarmer Milch zu retten. Würde nun der auf Milchtüten umkonditionierte Vergewaltiger aus seinem Versteck springen, würde ein Kampf um Macht und Milch entbrennen. Dem Vergewaltiger winken bei einem Sieg über die Milch das für ihn so wichtige Gefühl der Überlegenheit und wenn er sich dabei dennoch sexuell unausgelastet fühlt, kann er ja die Tüte nach Gutdünken noch penetrieren. Der potentielle Käufer der Milch könnte mit dieser Maßnahme beim Betreten der Passage aus dem schnöden Alltag der Leistungsgesellschaft und des Konsums ausbrechen und sich den alten Tugenden des Homo Sapiens widmen: dem Beschaffen von lebenswichtiger Nahrung unter widrigen Umständen. Eine, wie ich finde, Win-Win Situation!
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