Aus dem wolkenverhangenen Himmel fiel der Regen herab und die Pfützen auf dem Asphalt des Bahnhofs zeichneten verschwommene Bilder von Menschen, die sich auf eine Reise begaben. Wie in diesen Schwarz-Weiß Filmen, die ich früher einmal so schrecklich kitschig und langweilig fand, stand auch ich an einem Bahnsteig und verabschiedete mich von Dir, meiner großen Liebe. Nur passierte es mir und nicht einer längst verstorbenen Hollywood-Legende, die hinter einem lässigen Einzeiler ihre Traurigkeit verstecken konnte. Mir perlten die Wassertropfen von dem Regenschirm auf den Stoff meines Mantels, der mittlerweile genauso nass geworden war, wie meine Augen. Stumm standen wir uns im rastlosen Durcheinander gegenüber, ehe ein Kuss das Unwiderrufliche besiegelte und ich Dich mit fehlender Fassung in den Zug steigen ließ. Ich fühlte ich mich selbstsüchtig, weil ich in Wahrheit um mich trauerte und keine Ahnung hatte, wie das Ganze enden würde. Es gab hierfür kein Drehbuch, in dem ich nachschlagen und in dem besiegelten 'Happy End' Mut fassen konnte. Ich wusste nicht, ob mein Leben ohne Dich funktionieren würde, ob ich es ohne Dich schaffen würde und ob ich es überhaupt ohne Dich schaffen wollte. Der Pfiff des Schaffners ließ die Türen laut ins Schloss fallen und ich betrachtete Dich und Dein aufgesetztes Lächeln hinter der verdreckten Scheibe des Zuges. Es war die Art von Lächeln, mit dem Du mir den Abschied erleichtern wolltest, obwohl wir beide verstanden, dass dies nicht möglich war.
Der Zug fuhr los und ich hielt mit ihm Schritt, ich hielt diesen Moment fest, solange ich konnte, bis mich das abrupte Ende des Bahnsteigs zum Loslassen zwang. Während ich dem Zug hinterher schaute, zogen verschwommene Silhouetten von Menschen hinter den verdreckten Scheiben hektisch an mir vorbei. Ob freiwillig oder nicht aber sie alle waren auf einer Reise, einer Reise für die ich noch nicht bereit war und so starrte ich in die Ferne, bis der Zug nicht mehr zu sehen war. Er hatte sich zu einem kaum erkennbaren Punkt in der Landschaft verwandelt.
Der Regenschirm glitt mir aus der Hand und ließ die Regentropfen nun haltlos in mein Gesicht fallen. Dieser Augenblick prägte sich ein und ich wusste schon damals, dass ich ihn wie ein Gemälde in meinen Erinnerungen bewahren würde, mit all den anderen Bildern von Dir, die mir das Leben noch übrig gelassen hatte. Als ich mein verzerrtes Spiegelbild in einer Pfütze betrachtete, fragte ich mich, ob auch Du diesen Moment als Gemälde aufbewahren würdest und ob ich ein Teil davon wäre oder nur ein kaum erkennbarer Punkt in dessen Landschaft.
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