Da ich es dank vieler Ablenkungen und Nachlässigkeiten versäumte, mich dem luziden Träumen zu widmen, stellte ich mir vor kurzem die Frage, ob ich überhaupt dem Ganzen noch folgen möchte. Eine Nacht später erhielt ich die eindeutige Antwort darauf, als es mir wegen des Nervenkitzels und Aufregung nicht gelang Schlaf zu finden.
Also fing ich gewissenhaft an ein Traumtagebuch zu führen. Nicht nur darauf gerichtet, bald einen Klartraum zu induzieren, sondern mein Gedächtnis zu stärken und nach sogenannten Traumzeichen zu suchen, die immerzu im Schlaf auftauchten. Erstaunt musste ich feststellen, dass es keine Schlüssel, großkalibrige Handfeuerwaffen oder gar Brüste sind, die stetig ihren Auftritt als verkapptes Unterbewusstsein feierten, sondern bin ich in meinen Träumen sehr häufig auf der Flucht vor Ordnungshütern, jage zu flinken Mäusen hinterher oder betrachte meinen eigenen toten Körper in einer halb gefüllten Badewanne. Doch was mir bei der Analyse aufgefallen ist, dass das Element Wasser immer wieder vorkommt.
Nachdem ich einige Zeit sogenannte Realitätsüberprüfungen durchführte, um in Träumen selber zu erkennen, dass ich träume, ging ich stets mit dem Vorhaben schlafen, endlich luzid zu werden. Vor kurzem führte ich sogar eine Realitätsüberprüfung in einem Traum durch, nämlich die Betätigung des Lichtschalters, da dieser Mechanismus in Träumen mehr schlecht als recht funktionieren sollte. Natürlich funktionierte in meinem schlafenden Kopfkino alles hervorragend und so begriff ich nicht, dass ich träumte.
Also beseitigte ich den Fehler, mir vor dem Schlafen vorzunehmen einen Klartraum zu haben und konkretisierte mein Verlangen. Mich reizt es nicht übermäßig durch die Traumwelt zu fliegen, Superkräfte zu besitzen oder brasilianischen Supermodels über die formvollendete Weiblichkeit zu speicheln, sondern interessiert es mich für meine Muse einen Herzschlag zu finden, weswegen ich bisher allen dilettantischen Werken vorerst mit der Warteschlange konfrontiert habe. Doch vielmehr ist es der Dialog mit mir selber der mich mit Aufregung füllt. Ich möchte mich mit meinem Unterbewusstsein einmal hinsetzen und es befragen, was es beschäftigt, was es fürchtet und wonach es begiert. Da ich meine Persönlichkeit schon seit Gedenken als weiße Stadt vorstelle, ähnlich wie die, die sich Ait-Ben-Haddou nennt, nahm ich mir vor der heutigen Schlafenszeit vor, durch die Straßen meiner Stadt zu wandern und dem Unterbewusstsein erstmal nur bei der Verrichtung seiner Tätigkeit zu beobachten.
Ich schloss die Augen und öffnete sie im Traum, um mich in einer Stadt wiederzufinden, in der Menschenmassen auf einem Platz mit Plakaten und erbosten Sprechgesängen gegen den Machtinhaber protestierten. Nach einigen Momenten der Traumhandlung wachte ich wieder auf. Zwar hatte ich mir einen luziden Traum erhofft und gedacht, dass das Treffen mit meinem Unterbewusstsein mehr als Begegnung stattfindet und nicht als blutige Konfrontation endet, doch spüre ich, dass ich sehr kurz davor stehe, endlich meinen ersten Klartraum zu haben.
Weiteren indiskreten Gedankenbrei werde ich preisgeben, wenn es mir gelungen ist!
Juhu, Klarträume!
AntwortenLöschenBtw: das ist aber eine trostlose Wüstenstadt, die du dir da vorstellst...
Mit mir selbst reden, würde mich eher nicht so reizen. Ganz unverhohlen muss ich zugeben, dass der wohl angeblich mögliche Körpertausch ein äußerst interessanter Aspekt des Klarträumens ist. Außerdem das Wiedersehen mit Menschen aus früheren Lebensabschnitten - auch wenn das wohl nicht unbedingt immer gut für den Geist ist, besteht doch die Möglichkeit, in der eigenen Vergangenheit festzuhängen.
Dranbleiben!
Die Verkuppelung mit der wortwörtlichen Traumfrau ist mit Sicherheit eine von vielen Möglichkeiten denen ich mich auch widmen werde, wenn ich das Schlafen heraus habe. Denn am Anfang hat man meist Probleme mit der Stabilisation der Träume und eine verführerische Aphrodite würde mich wohl schon innerhalb weniger Sekunden zurück ins Ödland der Wirklichkeit schleudern.
AntwortenLöschenVergangenes erleben ist auch ein toller Anreiz. Was mich noch interessiert, ist Bewegungsabläufe einzustudieren, sei es beim Gitarre spielen oder in Zeiten der Gefahr, wenn man einen rüstigen Menschen vor einer schlägergeilen Gruppe rechtsradikaler Zombies beschützen muss und schon bei einem Marienkäfer auf der Fensterbank einen mezzosopranartigen Schrei fahren lässt, um mit schlotternden Knien die Geborgenheit einer Polizeistation aufsucht.
Die Wüstenstadt mag trostlos wirken, vielleicht weil ich mich selber als trostlosen Menschen sehe. Doch vielleicht ist es nur das äußere Erscheinungsbild der Stadt und die Menschen, welche in den Häusern leben, sind die aufregendsten und interessantesten Menschen überhaupt. Man darf doch wohl noch träumen dürfen!